Gut gemeint ist nicht gut gemacht – das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG)
Am 28. Januar 2022 tritt das neue TAMG in Kraft – diese Meldung schwebt derzeit einem Damoklesschwert gleich über den Köpfen der Tierheilpraktiker, beunruhigt aber gleichermaßen auch Tierhalter, die ihre Lieblinge erfolgreich mit homöopathischen oder phytotherapeutischen Arzneien behandeln. Doch was genau steckt dahinter? Wird es ab 2022 keine Tiernaturheilkunde mehr geben? Und: WARUM UM HIMMELS WILLEN???
Um es gleich vorweg zu nehmen: den letzten Punkt kann allem Anschein nach derzeit niemand so genau erklären. Eigentlich war diese Neuerung ja gut gemeint: als die ersten Vorschläge zur Gesetzesreform im Jahre 2014 eingereicht wurden, stand der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Sicherheit unserer Lebensmittel, sowie unserer Arzneimittel im Vordergrund. In erster Linie ging es dabei um lebensmittelliefernde Tiere und besonders kritisch beäugt wurde dabei (völlig zurecht!) der Antibiotika-Einsatz in der industriellen Tierhaltung. In diesem Zuge gab es bereits 2015 eine erste Petition, die über 80 000 Unterschriften erzielte und damit dazu beitrug, dass der Beruf des Tierheilpraktikers von der Bundesregierung positiv bewertet wurde: „Die Bundesregierung begrüßt im Bereich der Tierheilkunde die therapeutische Vielfalt. Die für Tierhalterinnen und Tierhalter derzeit bestehenden Möglichkeiten, sich für allopathische Tierarzneimittel oder aber Mittel alternativer Richtungen, z.B. homöopathische, phytotherapeutische und anthroposophische Mittel, entscheiden zu können, sollen nach Auffassung der Bundesregierung auch unter dem Vorzeichen des künftigen neuen EU-Tierarzneimittelrechts uneingeschränkt fortbestehen.“
https://www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2015-11/395304-395304
Hörte sich also alles ganz gut an… doch leider ist gut gemeint ja oft nicht gut gemacht. So wurde das neue TAMG auf EU-Ebene weiterbearbeitet, bis Ende 2018 eine EU-Verordnung verabschiedet wurde, die nun im Januar 2021 in Kraft tritt. Und jetzt kommt der Haken: in dem neuen Gesetzesentwurf wird leider nicht zwischen lebensmittelliefernden Tieren wie Kühen oder Hühnern und Haustieren wie Hunden oder Katzen unterschieden. Ferner wird ganz allgemein die Anwendung apothekenpflichtiger Arzneimittel eingeschränkt, indem diese nur bei Tieren angewendet werden dürfen, „wenn die Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte zugelassen oder registriert sind (…) für die in der Kennzeichnung oder Packungsbeilage bezeichneten Tierarten (…), für die in der Kennzeichnung oder der Packungsbeilage bezeichneten Anwendungsgebiete und (…) in einer Menge, die nach der Dosierung und der Anwendungsdauer der Kennzeichnung oder der Packungsbeilage des jeweiligen Tierarzneimittels entspricht.“ Noch mal zum Verständnis: diesem neuen Gesetzesentwurf zufolge mache nicht nur ich mich in Zukunft strafbar, wenn ich einem Katzenhalter ein homöopathisches Medikament verordne, dass nicht explizit für die Katze zugelassen ist. Mehr noch: auch der Tierhalter macht sich strafbar, wenn er diese Globuli seiner Miezekatze ins Futter gibt. Seinem Kleinkind hingegen dürfte er dasselbe Medikament ohne weiteres verabreichen, sogar ohne vorher einen medizinischen Rat einholen zu müssen. Und: wenn auf dem Medikament beispielweise die Anwendungsempfehlung „zur subkutanen Injektion“ angegeben ist, ist es ebenfalls verboten, das Medikament beispielsweise über die Mundschleimhaut zu verabreichen.
Natürlich gibt es eine Reihe von Arzneimitteln, die für den Gebrauch am Tier (ad us. vet.) zugelassen sind. Betrachtet man jedoch die Vielfalt homöopathischer Arzneien, machen diese speziellen Veterinärpräparate nur noch einen Bruchteil aus. Gerade die klassische Homöopathie wird somit nahezu unmöglich. Freilich versprechen die Hersteller, zunehmend Homöopathika für den Gebrauch am Tier zuzulassen, doch welch ein bürokratischer und auch finanzieller Aufwand dafür in Kauf genommen werden muss, bleibt abzuwarten.
Und der Nutzen? Ja… genau… also… ICH WEISS ES NICHT!!!
Nachdem ich mich jahrzehntelang gegen Anfeindungen wie „ist doch alles nur Placebo“, „da ist doch nichts drin“ oder dem immer wieder beliebten Bodensee-Verdünnungsvergleich rechtfertigen musste, suche ich nun leider vergeblich nach einer Legitimierung dieses Vorhabens, bitte vielmals um Entschuldigung.
Doch auch der wissenschaftliche Dienst des Bundetages sieht die Berufsfreiheit der Tierheilpraktiker bedroht: „Der geplante § 50 Gesetzentwurf, mit dem der tierärztliche Vorbehalt auf Arzneimittel nach § 2 AMG ohne Ausnahme für homöopathische Mittel erweitert werden soll, könnte erhebliche Auswirkungen auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG der Tierheilpraktiker haben. Wegen der europarechtlich nicht geforderten Regelung und der geringen zu erwartenden Vorteile für das Tierwohl könnte sie als unverhältnismäßig und damit nicht gerechtfertigt angesehen werden.“
(Quelle: Bundesrat – Wissenschaftliche Dienste: Tierheilpraktiker und § 50 Gesetzentwurf BT – Drs. 19/28658 Verletzung der Berufsfreiheit bei Verbot homöopathischer Arzneimittel)
Auch die aktuell laufende Petition zum Erhalt der Therapiefreiheit für Tiere mit ihren derzeit fast 40 000 Unterzeichnenden scheint derselben Auffassung zu sein. Eine Gruppierung der Tierheilpraktiker-Berufsverbände hat bereits Verfassungsbeschwerde einreicht.
Nun heißt es abwarten und Tee trinken… es stehen noch konkrete Verordnungen und Verwaltungsvorschriften aus, die die Umsetzung des Gesetzes regeln sollen. Aufgrund der derzeitigen Regierungsneubildung muss wohl oder übel die Neubesetzung der entsprechenden Ministerien abgewartet werden. Doch zu spät ist es nicht! Eine entsprechende Klausel in der Ausarbeitung der EU-Verordnung könnte es möglich machen, die Homöopathie aus dieser gesetzlichen Regelung quasi auszuklammern.
Was können Sie als Tierbesitzer tun?
Erstens: Für Ihr Tier
Um Ihrem Tier auch weiterhin naturheilkundliche Behandlung zu Gute kommen lassen zu können, sprechen Sie mich gerne an, gemeinsam finden wir eine (legale!) Lösung!
Zweitens: Für uns Therapeuten
Unterschreiben Sie bitte (sofern noch nicht geschehen) die Petition:
und erzählen Sie bitte auch anderen Tierfreunden davon. Viele scheinen von der anstehenden Gesetzesreform noch gar nichts gehört zu haben!
Und noch was: Selbstverständlich werde ich weiterhin (so gut es eben geht) für Ihr Tier da sein!
Jetzt erst recht! Ich habe jahre- und jahrzehntelang gekämpft und hart gearbeitet, um diesen wundervollen Beruf ausüben zu können! Das lasse ich mir jetzt nicht so einfach nehmen, zumal ich auch mit anderen Therapiemethoden (z.B. Akupunktur, Bachblütentherapie, Magnetfeldtherapie) erfolgreich arbeite, die vom neuen TAMG nicht betroffen sind.
Ich hoffe weiterhin, dass aus „gut gemeint“ vielleicht doch noch „gut gemacht“ wird…