Brennnessel – Pflänzle des Monats Juni
Sowohl die große Brennnessel (Urtica dioica), als auch die Kleine Brennnessel (Urtica urens) sind uns meist schmerzhaft bekannt. Sie unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Wuchshöhe (die große kann bis zu drei Meter hoch werden!), ihre Inhaltsstoffe sind jedoch weitestgehend identisch. Doch dieses völlig zu Unrecht verschmähte „Unkraut“ kann noch viel mehr als brennen!
Die schmerzhafte Hautreaktion mit Quaddelbildung entsteht bei Kontakt mit den Brennhaaren, die sich überwiegend an der Oberseite der Blätter befinden. Diese Härchen sind durch Silizium verstärkt und können so wie kleine Nadeln die Haut einritzen. Dabei wird das enthaltene Nesselgift in die Haut abgegeben, welches Ameisensäure, Histamin, Serotonin und andere Stoffe enthält. Die typische Hautreaktion, die Bildung von Quaddeln, tritt aber auch durch andere (oft allergische) Reaktionen auf und hat ihren Namen von der Brennnessel: Urtikaria.
Die Brennnessel ist zudem ein wahres Superfood: sie enthält doppelt so viel Vitamin C wie Orangen, mehr Eiweiß als Soja, und als Zugabe eine ganze Reihe wertvoller Mineralstoffe und Eisen. Sie kann als Suppe oder Spinat zubereitet werden, eignet sich für Salate und Pestos. Um die Nesselhaare unschädlich zu machen, können die Pflanzen zum Beispiel fein geschnitten oder blanchiert werden. Außerdem empfiehlt sich die Verwendung junger Triebe.
Als Heilpflanze schätzt man die Brennnessel besonders wegen ihrer blutreinigenden und entgiftenden Wirkung. Sie regt den Stoffwechsel an, wirkt entzündungshemmend und harntreibend. Eingesetzt wird sie bei Verdauungsstörungen und Haut-, sowie Gelenkserkrankungen. Ferner zur Durchspülung bei Harnwegserkrankungen und im Rahmen von Stoffwechselkuren. Sie kann als Tee, Tinktur, Badezusatz etc. angewendet werden.
Aber damit noch nicht genug, die Brennnessel kann sogar noch mehr! So können ihre Fasern zur Textilproduktion verwendet werden. Beispielsweise wurde im zweiten Weltkrieg die Kleidung der Soldaten häufig aus Brennnesselfasern gefertigt. Auch zum Färben von Stoffen kann die Pflanze verwendet werden.
Für Hobbygärtner ist die Brennnessel nicht nur lästiges Unkraut, sie lässt sich auch im Garten hilfreich einsetzen: mit Brennnesseljauche können Pflanzen gedüngt werden, oder rein biologisch Schädlinge wie Läuse bekämpft werden. Und besonders Schmetterlinge brauchen das „Unkraut“, denn die Raupen einiger Arten fressen ausschließlich Brennnesseln.
Früher wurden Brennnesseln in Ställen aufgehängt, um böse Dämonen fernzuhalten. Die auch als Donnernessel bekannte Pflanze wurde in der germanischen Mythologie dem Gott Donar zugeordnet. Dieser auch als Thor bekannte Gott war einerseits zuständig für Blitz und Donner – und wie Blitze brennen auch die Nesseln. Andererseits war Donar auch der Gott der Fruchtbarkeit und auch heute noch wird die Brennnessel für die Gesundheit der Prostata eingesetzt.
Der Autor des bekannten Kinderbuchs „Struwwelpeter“, Dr. Heinrich Hoffmann, widmete der Brennnessel ein ganzes Gedicht: Brennessel, verkanntes Kräutlein
„Brennessel, verkanntes Kräutlein, Dich muß ich preisen,
Dein herrlich Grün in bester Form baut Eisen,
Kalk, Kali, Phosphor, alle hohen Werte,
Entsprießend aus dem Schoß der Mutter Erde,
Nach ihnen nur brauchst Du Dich hinzubücken,
Die Sprossen für des Leibes Wohl zu pflücken,
Als Saft, Gemüse oder Tee sie zu genießen,
Das, was umsonst gedeiht in Wald, auf Pfad und Wiesen,
Selbst in noch dürft´ger Großstadt nahe Dir am Wegesrande,
Nimms hin, was rein und unverfälscht die gütige Natur
Dir heilsam liebend schenkt auf ihrer Segensspur!“
Ich hoffe, ihr habt auch diesen Monat wieder ein paar neue, interessante Informationen zu einer heimischen Heilpflanze erhalten. Ich freue mich wie immer über Feedback!